Lärmbelastung in der Freizeit

 

Lärmbedingte Gehörschäden können nicht nur durch berufliche Lärmexposition an lauten Arbeitsplätzen sondern auch durch häufige hohe Lärmbelastungen in der Freizeit entstehen. Besonders kritisch sind Lärmbelastungen in der Freizeit, falls außerdem eine hohe berufliche Lärmexposition besteht, weil sich das Gehör dann nach der Arbeit nicht vollständig erholen kann und möglicherweise zu Beginn der neuen Arbeitsschicht noch eine leichte Vertäubung besteht. Über längere Zeit kann sich daraus für das Innenohr ein Stoffwechseldefizit (metabolische Erschöpfung) ergeben und zu einem Absterben der Innenohr-Haarzellen führen (siehe Fachinfo „Beurteilung von Gehörschäden“). Bei einem bereits geschädigten Ohr besteht die Gefahr einer weiteren Verschlechterung des Hörvermögens durch jegliche Art von Lärm, am Arbeitsplatz oder in der Freizeit. 

Als Lärmbereiche in der Freizeit werden häufig Diskotheken, Rockkonzerte und der Schützenverein genannt. Außerdem wird als Lärmquelle immer wieder der MP3-Player erwähnt, obwohl die meisten Nutzer dieser Geräte nicht die volle Lautstärke nutzen und sich eher mit Schalldruckpegeln von bis etwa 80 dB(A) belasten. Weniger bekannt sind die hohen Pegel, die beim Motorradfahren durch die Luftturbulenzen am Helm entstehen. Nach eigenen Messungen können sich hier Schalldruckpegel von deutlich mehr als 100 dB(A) ergeben (siehe Bericht auf der Unterseite "Lärmbelastung für Motorradfahrer". In den letzten Jahren wird immer wieder vor den hohen Geräuschbelastungen in offenen Cabriolets gewarnt, wobei auf Ergebnisse aus einer US-Amerikanischen und einer Britischen Studie verwiesen wird. Eigene Messungen zeigen dagegen, dass man im üblichen Cabrio mit keiner Gehörgefährdung rechnen muss (siehe Bericht auf der entsprechenden Unterseite "Lärmbelastung im Cabrio"). 

Mit hohen Schalldruckpegeln ist auch bei Sportveranstaltungen, wie z.B. beim Fußball und beim Motorsport, zu rechnen. Beim Fußball können sich durch die Fan-Gesänge in Verbindung mit verschiedenen Lärmquellen, wie z.B. Druckluft-Fanfaren und Trommeln, Mittelungspegel von deutlich mehr als 90 dB(A) ergeben. Vergleichbare Werte können nach eigenen Messungen auch für die Zuschauer bei Autorennen entstehen. Die Fahrer sind dabei auf jeden Fall noch wesentlich höher lärmbelastet.

Beim Thema „Lärm in der Freizeit“ muss man schließlich auch die Lärmbelastung durch Feuerwerkskörper erwähnen. Jedes Jahr gibt es in der Silvesternacht Gehörschadensfälle durch unsachgemäßen Umgang mit Böllern und Feuerwerkskörpern. Insbesondere bei ungeprüften, aus dem Ausland importierten Knallkörpern, z.B. den sog. "Polenböllern", oder selbst gebastelten Knallern besteht die Gefahr, dass schon einzelne entsprechende Schallereignisse bleibende Gehörschäden verursachen (siehe Fachinfo "Beurteilung von Gehörschäden", Abschnitt 3). Während handelsübliche Knallkörper und „Kanonenschläge“ im Abstand von 1 m Spitzen-Schalldruckpegel LpCpeak von ca. 140 bis 155 dB  verursachen (R. Paulsen 2012), können sich bei den illegalen Böllern durchaus Pegel von mehr als 160 dB(peak) ergeben. 

In dieser Fachinformation habe ich ein paar Messergebnisse aus der Literatur sowie aus eigenen Messungen zur Lärmexposition in der Freizeit tabellarisch zusammengetragen, um damit eine grobe Orientierung über die jeweils zu erwartenden Schalldruckpegel zu geben. Diese Sammlung von Messergebnissen ist auf die Schnelle und ohne großen Aufwand entstanden, wobei auch nur einzelne Publikationen berücksichtigt wurden. Zudem ist die Übersicht über die Lärmquellen in der Freizeit sicher nicht vollständig. Zu einzelnen Freizeit-Aktivitäten lassen sich auf Anhieb zahlreiche Publikationen mit Pegelangaben finden, z.B. zur Lärmbelastung in Diskotheken. Dagegen gibt es für andere Bereiche, z.B. zur Lärmbelastung auf dem Fußballplatz oder an der Rennstrecke, deutlich weniger Informationen. 

Zu einigen eigenen Lärmmessungen im Freizeitbereich gibt es auf den entsprechenden Unterseiten etwas ausführlichere Berichte, z.B. zu Lärmmessungen im Cabrio, unter dem Motorradhelm und beim Auftritt einer Metal-Band.

  

Autoren

Publikation bzw. Quelle

Pegel in dB(A)

 

Diskothek

 

Ising, H. et al.

 

Hörschäden bei jugendlichen Berufsanfängern aufgrund von Freizeitlärm. Z. f. Lärmbekämpfung 35 (1988), S. 34-41

92 - 110

Ruschkowski, A. v. und Schneider, A.

Schallstruktur und potenzielle Risiken für das Gehör: eine empirische Studie in einer Hamburger Diskothek. Z Audiol 2012, 51 (3) S. 115-121

ca. 100

 

 

 

 

Musiker

 

Hohmann, B. W.

Musik und Hörschäden - Informationen für alle, die Musik spielen oder hören. Suva; Freizeitsicherheit, Luzern,

22. Auflage 2009

Musik und Hörschäden – Information für alle, die Musik spielen und hören. Suva; Luzern, überarbeitete Ausgabe 02/2017

Orchestermusiker:

86 – 96

(Kontrabass – Posaune)

Rockkonzert:

90 - 105

Maue, J. H.

Fachinfo „Schallpegel bei Metal-Konzert

103 - 106

 

 

 

 

MP3-Player

 

Wietlisbach, O. u. Hohmann, B. W.

Gehörgefährdung durch MP3-Player. Lärmbekämpfung Bd. 2 (2007) Nr. 5 - September

üblich:

ca. 80

maximal:

über 100

 

Maffei, L. et al.

Noise exposure for personal music player users in metros. Noise Control Eng. J. 59 (6), Nov. – Dec. 2011, pp. 559-567

60 - 96

 

 

 

 

Schützenverein / Sportschützen

 

 

Lärmschutz-Arbeitsblatt LSA 01-831: Gehörschützer für das Schießen mit Handfeuerwaffen in Raumschießanlagen (BGI 677, bisher ZH 1/564.21) (09.97). Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz, Sankt Augustin. Carl Heymanns, Köln 1997 (in Überarbeitung)

Spitzenpegel:

129 – 167

(peak)

Maue, J.H.

Eigene Messungen

Spitzenpegel:

 150 – 165

(peak)

 

 

 

 

Knallkörper / Sylvesterkracher

 

Paulsen, R.

Spitzenschalldruckpegel bei Arbeitsunfällen mit Knallereignissen. Lärmbekämpfung Bd. 6 (2012) Nr. 5 – September, S. 230-237

Spitzenpegel

143 – 155

(peak)

 

 

 

 

Motorradfahrer

 

Maue, J. H.

·       Lärmbelastung für Motorradfahrer – Messergebnisse und Schutzmaßnahmen. Z. f. Lärmbekämpfung 37 (1990), S. 15-19 

·       Geräuschmessungen unter Motorradhelmen. Tourenfahrer 5/1989,  

·       Noise exposure of motorcyclists. Audiology in practice VII/4 (1991), pp. 6-8

·       Fachinfo “Lärmbelastung für Motorradfahrer

85 - 120

Kennedy, J. et al.

On-road and wind-tunnel measurement of motorcycle helmet noise. J. Acoust. Soc. Am. 134 (3), September 2013, pp. 2004-2010

bis 113

(bei 120 km/h)

Fa. Schuberth

 

Handelsblatt (16.01.2007) 

Leiser Helm: 85

Lauter Helm:

107 bis 120

 

 

 

 

Cabriolets

 

Michael, P. et al.

Noise exposure and convertible cars. Otolaryngology-Head and Neck Surgery (2010) 143, pp. 219-222

87 – 89

(bis 112 km/h)

Mikulec, A. A. et al.

Noise exposure in convertible automobiles. The Journal of Laryngology & Otology, Volume 125, Issue 2, February 2011, pp. 121-125

81 - 99

(bis 121 km/h)

Maue, J. H.

·       Geräuschbelastungen beim Cabrio Fahren. Lärmbekämpfung Bd. 12 (2017) Nr. 4 – Juli, S.129-134

·       Lärmbelastung im offenen Cabriolet.

Fortschritte der Akustik - DAGA 2018. 44. Jahrestagung für Akustik. 19-22. März 2018, in München, Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V., Berlin 2018

·       Fachinfo „Lärmbelastung im Cabrio

78 – 86

(bis 120 km/h)

 

 

 

 

Sportflugzeug

 

Wolf, Ch. et al.

Lärmbelastung von Fluglehrern und Privatpioten.  Arbeitsmed. Sozialmed. Präventivmed. 23 (1988), S. 88-90

(Piper PA38, Cessna 150, 152, 172)

93 - 95

 

Aviation Headsets (Firmen-Information)

90 - 97

 

 

 

 

Fußball-Stadion

 

Engard, D. J. et al.

Noise Exposure, Characterization, and Comparison of Three Football Stadiums. J. of Occupational and Environmental Hygiene, 7 (Nov. 2010), pp. 616-621

93 – 95

(football)

 

hear-the-world.com – Fa. Phonak GmbH

Vuvuzelas: 

124 – 130 Trommeln: 

110 - 122

Gas-Fanfaren:  123

Maue, J. H.

Stichproben-Messungen im Labor

Vuvuzelas:

ca. 115 (LAFmax)

Trommeln:

ca. 100  (LAeq)

Gas-Fanfare:

ca. 125

 

 

 

 

Motorsport-Veranstaltung

 

Maue, J. H.

Eigene Stichproben-Messungen im Zuschauer-Bereich bei Oldtimer-GP am Nürburgring,

30 – 40 m Abstand zur Rennstrecke

Sportwagen der 60er und 70er Jahre:

ca. 90  (LAeq)

Formel 1 der 70er und 80er Jahre:   ca. 93  (LAeq)

CAN AM-Rennwagen:

ca. 97  (LAeq)