Maßnahmen zum Lärmschutz

 

Kapselung einer automatischen Stanze

(Foto bei geöffnetem Tor)

  

1    Einleitung

 

In Anlehnung an DIN EN ISO 11690, Teile 1 und 2 [1], kann man beim Lärmschutz an Arbeitsplätzen folgende grundlegenden Maßnahmen unterscheiden: 

a)      Maßnahmen der Quelle (primäre Maßnahmen) 

b)     Maßnahmen auf dem Übertragungsweg (sekundäre Maßnahmen) 

c)      Organisatorische Maßnahmen 

Nach der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung [2] haben die technischen Maßnahmen nach (a) und (b) Vorrang vor den organisatorischen Maßnahmen (c). Darüber hinaus gibt es bekanntlich noch die individuellen Schutzmaßnahmen durch persönlichen Gehörschutz. Diese Maßnahmen kommen nach der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung allerdings erst dann in Betracht, wenn mit den oben genannten technischen und organisatorischen Maßnahmen keine ausreichende Pegelminderung erreicht wird. Zur Auswahl und Verwendung von Gehörschutz sei auf entsprechende Fachinfos des Instituts für Arbeitsschutz (IFA) der DGUV verwiesen. Hier sollen die vorrangig anzuwendenden technischen und organisatorischen Lärmschutzmaßnahmen kurz erläutert werden.

 

  

2    Maßnahmen an der Quelle (primäre Maßnahmen)

  

Unter den Maßnahmen an der Quelle bzw. den primären Maßnahmen werden kon­struktive Lärmminderungs-maßnahmen verstanden, die sich unmittelbar auf die Schall­entstehung, -übertragung oder -abstrahlung einer Geräuschquelle (Maschine) auswir­ken. Solche Maßnahmen sind oft besonders wirksam und wirtschaftlich, da sich an der Stelle der Schallentstehung ggf. schon mit kleinen Änderungen große Pegelminderun­gen erreichen lassen. Dabei kann man die in der folgenden Tabelle 1 zusammenge­stellten Prinzipien für konstruktive Lärmminderungsmaßnahmen unter­scheiden:

 

mechanisch angeregte Geräusche

  • Minderung oder zeitliche Dehnung der Krafteinwirkung
  • Versteifung der Struktur im Kraftfluss
  • Minderung der Körperschallübertragung
  • Beeinflussen der Schallabstrahlung

strömungsmechanische Geräusche

  • Vermeidung von Turbulenzen
  • Minderung von Druckschwankungen

 

Tabelle 1:      Gliederung von konstruktiven Lärmminderungsmaßnahmen

 

Die Realisierung derartigen Maßnahmen an einer Maschine ist allerdings vielfach nur durch den Konstrukteur selbst oder in enger Zusammenarbeit mit dem Konstrukteur zu erreichen. Primäre Lärmminderungsmöglichkeiten sind deshalb insbesondere bei der Neukonstruktion von Maschinen von Bedeutung: Weitere Hinweise zur Lärmminderung an der Quelle finden sich in DIN EN ISO 11688 [3].

  

Zu den Maßnahmen an der Quelle gehören auch Wartungs- und Instandhaltungs­arbeiten, da sich der Pflegezustand einer Maschine auf die Geräuschemission aus­wirken kann (z.B. schlechte Schmierung, ausgeschlagene Lager, undichte Kapseln und Türen). So bedürfen ggf. vorhandene Schallschutzeinrichtungen, wie Kapseln und Schalldämpfer, einer regelmäßigen Überprüfung.

 

Als Maßnahmen an der Quelle sind auch der Austausch einer alten Maschine gegen eine neue lärmarme Maschine und der Einsatz alternativer lärmarmer Arbeitsverfahren zu verstehen. Der Ersatz einer Maschine ist vor allem dann zu überlegen, wenn an der alten Maschine relativ kostenaufwändige Lärmminderungs­maßnahmen erforderlich sind oder keine geeigneten Lärmminde­rungsmöglichkeiten gesehen werden. In der Tabelle 2 sind einige Beispiele für alternative lärmarme Arbeitsverfahren zusammengestellt:

 

Verfahren/Arbeitsprinzip

lärmarm

geräuschintensiv

Ablegen

Abwerfen

Absaugen

Abblasen

Bohren

Stanzen

Drehschrauber

Schlagschrauber

Elektroantrieb

Verbrennungsmotor

Gießen

Schmieden

Gleitlager

Wälzlager

hydraulisches Verformen (Kraftformer)

Bördeln mit Hammer

hydraulisches Ziehen/Drücken

Richten mit Hammer

Kleben

Nieten

Optischen Signalgebung

Akustische Signalgebung

Plasmaschneiden

Trennen mechanisch

Pressen

Schlagen

Sägen

Trennschleifen

Schrauben

Nieten

Schweißen

Nieten

Taumelnieten

Schlagnieten

Transport kontinuierlich

Transport stoßweise

 

Tabelle 2:      Beispiele für alternative „lärmarme“ Arbeitsverfahren.

 

 

3    Maßnahmen auf dem Übertragungsweg (sekundäre Maßnahmen)

 

Unter den Maßnahmen auf dem Übertragungsweg bzw. den sekundären Maßnah­men sind alle Lärmminderungsmaßnahmen zu verstehen, die die Schallübertragung in die Umgebung durch einen Eingriff in den Schallausbreitungsweg verringern. Dazu gehören Maßnahmen, wie

-       Körperschallisolierung, z.B. durch Aufstellung einer Maschine auf Schwing­elementen

-       Kapselung einer Maschine, siehe z.B. IFA-LSA-Blatt 01-243 [4]

-       Einsatz von Schalldämpfern, z.B. bei Schallausbreitung in Kanälen

-       Abschirmung durch Stellwände

-       Schallabsorbierende Gestaltung von Raumbegrenzungsflächen (raumakustische Maßnahmen), siehe z.B. IFA-LSA-Blatt 01-234 [5]

-       Schallschutzkabine, z.B. Maschinenkontrollstand oder Meisterbüro

 

Derartigen Maßnahmen können im Vergleich zu den zuvor erläuterten primären Maß­nahmen mit höheren Kosten verbunden sein, z.B. bei einer schallabsorbierenden Nachrüstung großer Flächen in einem bestehenden Arbeitsraum.

 

  

4    Organisatorische Maßnahmen

 

Unter organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen sind raum- und oder zeitorga­nisatorische Änderungen zu verstehen, die zu einer geringeren Lärmexposition der Beschäftigten führen. Entsprechende Maßnahmen sind z.B. die Verlagerung lärm­intensiver Arbeiten (z.B. Richtarbeiten) oder lauter Maschinen in einen separaten Raum oder die zeitliche Verlegung besonders lauter Maschinen (z.B. Scheuertrommel in einer Gießerei) in die Nacht­schicht mit geringerer Personalbesetzung. Nach §7(1) der Lärm- und Vibrations-Ar­beitsschutzverordnung haben allerdings die zuvor erläuterten technischen Lärmmin­derungsmaßnahmen Vorrang vor organisatorischen Maßnahmen.

 

  

Literatur

 

[1]     DIN EN ISO 11690-1 und -2: Akustik - Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer maschinenbestückter Arbeitsstätten  

Teil 1: Allgemeine Grundlagen. Februar 1997

Teil 2: Lärmminderungsmaßnahmen. Februar 1997

 

[2]       Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung – LärmVibrationsArbSchV) vom 6. März 2007, BGBl. I, S. 261, letzte Änderung v. 19. Juli 2010, BGBl. I, S. 964

  

[3]       DIN EN ISO 11688-1 und -2: Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer Maschinen und Geräte.

Teil 1: Planung, November 2009

Teil 2: Einführung in die Physik der Lärmminderung durch konstruktive Maßnahmen, März 2001

 

[4]      Lärmschutz-Arbeitsblatt IFA-LSA 01-243: Geräuschminderung durch Kapselung - Hinweise zur Gestaltung von Kapseln einfacher Bauart. (Verfasser: J. H. Maue), Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV), Berlin / Sankt Augustin, Oktober 2014

 

[5]      Lärmschutz-Arbeitsblatt IFA-LSA 01-234: Raumakustik in industriellen Arbeitsräumen – Anforderungen, Grundlagen, Messverfahren, Maßnahmen, Lärmminderungserfolge. (Verfasser: J. H. Maue und D. Förster), Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV), Berlin / Sankt Augustin, August 2014