Bedeutung der Raumakustik im Arbeitsschutz

Raumakustik am Arbeitsplatz hat großen Einfluss auf Wohlbefinden und Gesundheit der Beschäftigten!

 

Jeder kennt den sogenannten Kneipeneffekt: in einem Lokal steigt das Geräuschniveau durch Schallreflexionen so sehr, dass die Gäste immer lauter sprechen müssen, um sich zu verständigen. Der Schalldruckpegel schraubt sich dadurch immer weiter in die Höhe. Dabei ließe sich die Situation in der Regel mit relativ geringem Aufwand durch ein wenig Schallabsorptionsmaterial wesentlich verbessern.

Auch im Arbeitsschutz gibt es oft Probleme mit der Raumakustik, weil dieser Aspekt bei der Planung einfach vergessen wurde. So findet man immer noch Produktionsräume mit lauten Maschinen, die allseitig schallharte Begrenzungsflächen und damit einen unverhältnismäßig hohen Reflexionsschall aufweisen. Einzelne laute Geräusche, z.B. von Richtarbeiten, können sich dort weitgehend ungehindert über den gesamten Raum ausbreiten und damit alle Beschäftigten unnötig belasten.

Eine große Bedeutung hat die Raumakustik auch für die vielen Büroarbeitsplätze. Die Lärmbelastung wird hier von den Beschäftigten in der Regel als die größte Störquelle empfunden, gefolgt von der Temperatur, der Luftqualität und der Beleuchtung. Neben dem hohen Schalldruckpegel wird in Büros oft die fehlende akustische Privatsphäre beklagt, d.h. die Beschäftigten fühlen sich bei ihren Gesprächen belauscht. Deshalb sind hier neben der Einbringung von Schallabsorptionsmaterial ggf. zusätzliche Maßnahmen gefordert, z.B. in Form von Abschirmungen (siehe auch Fachinfo "Schallschutz im Büro").

In anderen Arbeitsbereichen hingegen bereitet vor allem eine eingeschränkte Sprachverständlichkeit Probleme. Das gilt z.B. für Klassenzimmer in Schulen und für Gruppenräume in Kindertagesstätten (siehe auch Fachinfo "Klassenraum-Akustik"). Die Lehrer/innen bzw. Erzieher/innen sind in halligen Räumen nur unter großen Anstrengungen oder auch gar nicht zu verstehen. Das führt bei den Schülern bzw. den Kindern zu einer schnellen Ermüdung und Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit. Verschiedene Studien zeigen, dass sich die Gedächtnisleistungen in Räumen mit einer schlechten Raumakustik um mehr als 20 % verschlechtern können. Die Lehrer bzw. Erzieher fühlen sich durch die hohen Lärmbelastungen gestört und belästigt und zeigen eindeutige Stressreaktionen, die sich z.B. anhand der Herzfrequenz nachweisen lassen. Außerdem erfordert eine schlechte Akustik eine deutlich stärkere Belastung der Stimme, möglicherweise mit gesundheitlichen Folgen.

Durch geeignete Maßnahmen lässt sich die Lärmsituation jedoch in den meisten Fällen wesentlich verbessern. Vielfach kann man schon allein durch eine abgehängte schallabsorbierende Decke Pegelminderungen im Bereich von 3 bis 10 dB(A) und eine deutlich bessere Sprachverständlichkeit erreichen.

Mit den am 18. Mai 2018 veröffentlichten Technischen Regeln für Arbeitsstätten (Arbeitsstättenregel) ASR A3.7 Lärm gibt es inzwischen konkrete Vorgaben zur akustischen Gestaltung von Arbeitsplätzen im Pegelbereich unterhalb von 80 dB(A) (Lärmexpositionspegel), also beispielsweise für Büroräume, Schulen und Kindertagesstätten. Für Lärmexpositionspegel ab 80 dB(A) gilt die Lärm- und Vibrationsarbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV) in Verbindung mit den Technischen Regeln (TRLV) für den Bereich "Lärm" vom August 2017.

Für die Planung entsprechender Räume gibt es seit vielen Jahren die auch international viel beachtete Norm DIN 18041. Diese Norm wurde vor ein paar Jahren überarbeitet und liegt nun mit dem leicht veränderten Titel „Hörsamkeit in Räumen – Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung“ in der Fassung von März 2016 vor. Ein Anlass der Überarbeitung waren gesetzliche Vorgaben für das barrierefreie Bauen (Inklusion) und die damit verbundene stärkere Berücksichtigung von Personen mit eingeschränktem Hörvermögen. So werden nun beispielsweise für entsprechende Klassenzimmer etwas geringere Nachhallzeiten gefordert.

Die DIN 18041 macht Vorgaben zu den Nachhallzeiten in allen Räumen, in denen eine gute Hörsamkeit (Sprachverständlichkeit) über mittlere und größere Entfernungen gefordert ist (Räume der Gruppe A). Das sind neben den hier bereits erwähnten Klassenzimmern und Kita-Gruppenräumen z.B. auch Musikräume, Seminarräume, Hörsäle, Besprechungsräume sowie Sport- und Schwimmhallen. Um die entsprechenden Nachhallzeiten auf einfache Weise prüfen und geeignete raumakustische Verbesserungen entwickeln zu können, hat das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) einen Raumakustik-Rechner erstellt, mit dem sich die Nachhallzeiten berechnen und mit den Vorgaben der DIN 18041 vergleichen lassen. Für diese Berechnung müssen die Abmessungen des Raumes, die Art der Begrenzungsflächen (Schallabsorption) und die Inneneinrichtung eingegeben werden. Falls der Raum bereits eine schallabsorbierende Decke oder entsprechende Wandflächen aufweist, sind diese Flächen mit den Größen und Schallabsorptionseigenschaften einzugeben. Nach der Eingabe der erforderlichen Daten werden die für den Raum berechneten Nach­hallzeiten in den Oktavbändern von 125 Hz bis 4000 Hz dargestellt und mit den in der DIN 18041 genannten Grenzen verglichen (siehe Beispiel im Abschnitt "Klassenraum-Akustik").

Da entsprechende raumakustische Maßnahmen kostenintensiv sein können, empfiehlt sich auf jeden Fall eine sorgfältige Planung, ggf. unter Nutzung geeigneter Prognose-Software.  

Welche Bedeutung die Raumakustik für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Beschäftigten hat, wird vielfach unterschätzt. Eine schlechte Raumakustik wirkt sich nachweislich auch auf den Krankenstand aus und dürfte in vielen Fällen dazu beitragen, dass Beschäftigte frühzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden. Da sich unnötige Lärmbelastungen zudem ganz wesentlich auf die Arbeitsleistung auswirken, sollte es eigentlich im Interesse der Betriebe liegen, Arbeitsplätze mit einer guten Akustik und geringen Lärmbelastungen zu schaffen.