Ermittlung des Schallleistungspegels

 

Geräuschemissionsmessung und Lärmminderungsuntersuchung im schallabsorbierenden Messraum des Instituts für Arbeitsschutz (IFA)

 

 

Die von Schallquellen abgestrahlte Schallleistung kann nicht auf direktem Wege erfasst werden, sondern erfordert die Messung von anderen das Schallfeld beschrei­benden Größen, z.B. des Schalldruckes und der raumakustischen Verhältnisse, um dann daraus die Schallleistung zu berechnen. Dabei lassen sich folgende Verfahren unterscheiden: 

  1. Hüllflächen-Verfahren (Schalldruck- und Schallintensitäts-Methode)

  2. Hallraum-Verfahren

  3. Vergleichsschallquellen-Verfahren

Diese Verfahren werden hier kurz skizziert. Die Einzelheiten zur Durchführung entsprechender Geräuschemissionsmessungen nach dem Hüllflächenverfahren, beispielsweise zur Festlegung der Messpunkte, Ermittlung von Raumeinfluss- und Fremdgeräuschkorrektur, sowie die unterschiedlichen Messnormen sind im Taschenbuch "Lärmmessung im Betrieb" ausführlich beschrieben.

 

1     Hüllflächen-Verfahren

Von den verschiedenen Verfahren zur Bestimmung des Schallleistungspegels hat sich das Hüllflächen-Verfahren in der betrieblichen Praxis am stärksten durchgesetzt, da es sich unmittelbar am Aufstellungsort der Maschinen durchführen lässt, wenn die räumlichen Bedingungen und die Fremdgeräuscheinwirkung bestimmten Anforde­rungen entsprechen. 

 

Beim Hüllflächen-Verfahren wird die von einer Lärmquelle abgestrahlte Schallleistung durch Messung an zahlreichen Messpunkten auf einer die Quelle einschließenden gedachten Hüllfläche/Messfläche S erfasst (siehe Bild 1). Diese Hüllfläche wird bei der üblichen Maschinenaufstellung auf reflektierendem Boden entweder halbkugel- oder quaderförmig gewählt und endet auf dem Boden.

 

Zur Erfassung der diese Fläche durchdringenden Schallenergie lassen sich Schalldruckpegelmessungen nach DIN EN ISO 3744 bis 3746 oder Schallintensitätsmessungen nach DIN EN ISO 9614-1, -2 und -3 durchführen.

  

Das Hüllflächenverfahren geht von dem Ansatz aus, die Schallleistung P einer Schallquelle durch Integration der Schallintensität I über eine die Quelle vollständig umschließende Messfläche S zu bestimmen (siehe Bild 1):

  

                   P  =                                                      (1)      

    

                     mit  In  =  I cos  - Normalkomponente der Schallintensität auf der Messfläche.

 

 

 

 

Bild 1:        Erfassung der Schallleistung auf einer Halbkugel-Messfläche

 

 

In der Messpraxis wird das in Gleichung 1 beschriebene Integral dadurch ange­nähert, dass man die Messfläche S in n Teilmessflächen Si zerlegt und für diese die Schallintensitäten Ini erfasst. Die Schallleistung ergibt sich dann nach folgender Formel:

                   P  =                                                                 (2)

 

 

                               mit   Ini  -  Schallintensität der Teilmessfläche Si

                                       Si  -  i-te Teilmessfläche

  

Diese Schallleistung entspricht dem Produkt aus der über die Messfläche gemittelten Schallintensität `In und der Messfläche S:

  

       P  =  `In   S                                                             (3)

  

mit `In  - mittlere, die Messfläche S senkrecht durchströmende Schallintensität 

       S  -  Messflächeninhalt.

  

Die mittlere Schallintensität `In wird in der Messpraxis dadurch bestimmt, dass man eine ausreichend große Zahl von Messpunkten gleichmäßig über die quader- oder halbkugelförmige Messfläche S verteilt, die Schallintensität jeweils senkrecht zur Oberfläche erfasst und die Messwerte energetisch mittelt. Genauere Informationen zur Anordnung der Messpunkte finden sich in den entsprechenden Messnormen.

Der Schallleistungspegel LW ergibt sich dann unter Bezug auf die festgelegte Bezugsschallleistung P0 nach folgender Gleichung: 

            LW = 10  lg           dB                                                   (4)

 

            LW = 10  lg      dB                                                   (5)

  

          mit:

                    P0    =  1  10-12 W    (= I0  S0)                   - Bezugsschallleistung

                    I0      =  1  10-12 W/m2                                 - Bezugsintensität (Hörschwelle)

                     S0    =  1m2                                                                  - Bezugsfläche

  

Die Gleichung (5) lässt sich in die folgende Summen-Formel umformen: 

            LW = 10 lg       dB                                        (6)

  

Der erste Summand 10 lg (/ I0) entspricht dabei dem mittleren Schallintensitätspegel LI auf der Messfläche. Da der Schallintensitätspegel LI in einer ebenen Schallwelle (ideale Freifeldbedingungen) mit dem Schalldruckpegel Lp übereinstimmt (siehe z.B. Maue "0 Dezibel + 0 Dezibel = 3 Dezibel"), kann man den Schallleistungspegel LW unter diesen Bedingungen auch über den mittleren Schalldruckpegel berechnen.

  

 

Der Schallleistungspegels LW  ergibt sich nach der folgenden Formel:

            LW  =  `LI  +  10 lg  dB                                      (7)

 

bzw. in der ebenen Schallwelle (Freifeld + Fernfeld):

            LW  =  `Lp  +  10 lg   dB                                      (8)

                mit    `LI  -  mittlerer Schallintensitätspegel für die Hüllfläche/Messfläche S

                        `Lp  -  mittlerer Schalldruckpegel für die Hüllfläche/Messfläche S

                          S  -  von der Schallenergie durchsetzte Hüllfläche/Messfläche S

                         S0  -  Bezugsfläche = 1 m2

 

Da bei Messungen unter üblichen Umgebungsbedingungen im Betrieb vielfach keine idealen Freifeldbedingungen vorliegen und möglicherweise auch Geräusche von benachbarten Lärmquellen (z.B. Maschinen, Lüftungsanlage) von Einfluss sind, ist zur Berechnung des Schallleistungspegels in der Regel noch eine Fremdgeräuschkorrektur K1 und eine Umgebungskorrektur K2 durchzuführen. Bezüglich der Details zur Durchführung der Messungen nach dem Hüllflächen-Verfahren und zur Bestimmung der Korrekturfaktoren K1 und K2 sei auf das Taschenbuch "Lärmmessung im Betrieb" (Maue 2011) verwiesen. 

 

2    Hallraum-Verfahren

Das Hallraum-Verfahren basiert auf der Überlegung, dass die von einer Lärmquelle in den Raum abgestrahlte Schallleistung gleich der von den Raumbegrenzungs­flächen absorbierten Schallleistung sein muss (Gleichgewichtszustand). Sonst müsste der Schalldruckpegel in dem Raum immer weiter ansteigen. Die Schall­leistung kann deshalb aus der durch den Messraum absorbierten Schallenergie bestimmt werden, die sich aus dem mittleren Schalldruckpegel des Raumes `Lp und dem Schallabsorptionsvermögen des Raumes errechnen lässt.

 

Die von den Raumbegrenzungsflächen absorbierte Schallleistung errechnet sich nach folgender Gleichung:

 

                 P  =         A                                                    (9)

 

 

                mit          -  mittlerer Schalldruck im diffusen Schallfeld

                                        A   -  äquivalente Schallabsorptionsfläche des Raumes

                                          - Dichte der Luft

                                       c   - Schallgeschwindigkeit der Luft

  

Der Schallleistungspegel ergibt sich dann unter Bezug der Schallleistung P auf die Bezugsschallleistung  P0   (= I0 1 m2 )  zu:

            LW  =  10 lg     +  10 lg     -  10 lg 4     dB         (10) 

 

bzw.

           LW  =  `Lp +  10 lg        -  6  dB                                  (11)

 

                    mit       I0  =  - Bezugsschallintensität

                                 – mittlerer Schalldruckpegel im diffusen Schallfeld

                     A0  = 1 m2 – Bezugsabsorptionsfläche

 

Für die Bestimmung des mittleren Schalldruckpegels`Lp in dem Hallraum sind nach der entsprechenden Messnorm DIN EN ISO 3741 Messungen an mindestens fünf verschiedenen regellos verteilten Messpunkten im diffusen Schallfeld erforderlich.

  

Voraussetzung für die Anwendung des Hallraum-Verfahren ist allerdings die Verfügbarkeit eines geeigneten Hallraums, der die Anforderungen DIN EN ISO 3741 erfüllt.  Außerdem eignet sich dieses Verfahren nur zur Messung von kleineren Lärmquellen, weil die Größe der Maschinen im Verhältnis zur Raumgröße begrenzt ist und die Raumabmessungen zur Realisierung eines geeigneten diffusen Schallfeldes nicht zu groß sein dürfen.

  

3    Vergleichsschallquellen-Verfahren 

Bei dem Vergleichsschallquellen-Verfahren erfolgt die Bestimmung der Schallleistung durch Vergleich der zu untersuchenden Lärmquelle mit einer Referenzschallquelle (Vergleichsschallquelle), die eine genau bekannte Schallleistung abstrahlt. Die Schalldruckpegel beider Schallquellen (zu untersuchende Lärmquelle und Referenz­schallquelle) sind dazu nacheinander an mehreren nach bestimmten Regeln fest­zulegenden Messpunkten aufzunehmen und zu mitteln. Da sich der Unterschied des mittleren Schalldruckpegels`Lp für die zu untersuchenden Lärmquelle zum mittleren Schalldruckpegel `Lpr für die Referenzschallquelle allein aus der Differenz der Schall­leistungspegel beider Quellen ergibt, lässt sich der gesuchte Schallleistungspegel Lw der Lärmquelle ausgehend von dem bekannten Schallleistungspegel LWr der Re­ferenzschallquelle nach folgender Gleichung berechnen:

  

LW  =  LWr  +  (`Lp  - `Lpr)                                               (12)

                  mit :                   

                            LWr   - bekannter Schallleistungspegel der Re­ferenzschallquelle

       Lp    -  mittlerer Schalldruckpegel für die zu untersuchenden Lärmquelle 

       Lpr   -   mittlerer Schalldruckpegel für die Referenzschallquelle

 

Da sich die Geräusche der zu untersuchenden Schallquelle und der Referenzschallquelle in der Regel in ihrer spektralen Verteilung unterscheiden, ist die beschriebene Messung und Rechnung für einzelne Oktav- oder Terzbänder getrennt durchzufüh­ren. Der A-bewertete Schallleistungspegel lässt sich anschließend durch die entspre­chende Gewichtung (A-Bewertung) und Pegeladdition der einzelnen Frequenzbänder bestimmen.

 

Das Vergleichsschallquellen-Verfahren ist sowohl für hallige Räume mit stark schall­reflektierenden Begrenzungsflächen (DIN EN ISO 3743-1) als auch für übliche Maschinenräume, Büros oder Werkstätten (DIN EN ISO 3747) geeignet. Das Verfahren lässt sich in vielen Fällen vorteilhaft und mit gerin­gem Aufwand einsetzen, beispielsweise zur Bestimmung des Schallleistungspegels von größeren Maschinen und Anlagen, die unter ungünstigen räumlichen Bedingun­gen aufgestellt sind.

 

In der betrieblichen Praxis hat dieses Verfahren dennoch bisher nur eine geringe Anwendung gefun­den, möglicherweise weil dem Anwender keine Referenz-Schallquelle zur Verfügung steht und die Messung und Auswertung in Terz- oder Oktavbändern erfor­derlich ist.