Arbeitsplatz in einem kleinen Callcenter
Einleitung
An Büroarbeitsplätzen wird die Lärmbelastung in der Regel als größte Störquelle empfunden. Deshalb kommt der akustischen Gestaltung der Büroräume eine besondere Bedeutung zu. Grundsätzlich muss man bei Besetzung eines Büros mit mehreren Personen mit einer gegenseitigen Beeinträchtigung durch Lärm rechnen. Das Klingeln der Telefone, das Klappern der Tastaturen und vor allem die Sprache an benachbarten Arbeitsplätzen werden als Störfaktoren wahrgenommen und können Stressreaktionen verursachen.
Mit geeigneten Maßnahmen lässt sich die Geräuschbelastungssituation an Büroarbeitsplätzen jedoch wesentlich verbessern. Dadurch können sich die Beschäftigten besser auf ihre Arbeit konzentrieren, machen weniger Fehler und erbringen eine höhere Leistung. Vor allem die positive Auswirkung auf die Arbeitszufriedenheit ist nicht zu unterschätzen. Durch die am 18. Mai 2018 veröffentlichten Arbeitsstättenregel ASR A3.7 gibt es inzwischen konkrete Vorgaben zur akustischen Gestaltung von Büroarbeitsplätzen.
Schallschutzmaßnahmen
In Einzelbüros gibt es in der Regel keine Probleme mit der Akustik, wenn sich Störschalldruckpegel unter 35 dB(A) einhalten lassen und der Raum nicht zu hallig gestaltet ist. Um eine gewisse „akustischen Behaglichkeit“ zu realisieren, ist aber auch hier eine schallabsorbierende Decke zu empfehlen.
In einem Mehrpersonen-Büro oder in einem Call Center ist jedoch ein größerer Aufwand notwendig, um befriedigende akustische Bedingungen an den entsprechenden Arbeitsplätzen zu realisieren. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten für eine akustisch günstige Gestaltung der Arbeitsplätze:
Beschaffung leiser Geräte und Einrichtungen
Realisierung geringer Störschalldruckpegel bauseitiger Geräusche
Schallabsorbierende Gestaltung des Raumes
Realisierung von wirksamen Abschirmungen
Schallmaskierung
Organisatorische Maßnahmen, z.B. durch eine sinnvolle räumliche Aufteilung nach Arbeitsbereichen
Bei der Realisierung von Schallschutzmaßnahmen im Büro besteht allerdings vielfach ein Zielkonflikt zwischen der Pegelminderung durch Absorptionsmaterial und dem Wunsch vieler Mitarbeiter nach einer akustischen Vertraulichkeit. So führen die schallabsorbierende Gestaltung des Raumes und die Reduzierung des Grundgeräuschpegels auch zu einer besseren Sprachverständlichkeit und somit zu einer besonderen Störwirkung der Sprache an den benachbarten Arbeitsplätzen. Zudem fühlen sich die Beschäftigten bei ihren eigenen Gesprächen belauscht und vermissen eine akustische Privatsphäre. Diese Problematik sollte man bei Realisierung von Schallschutzmaßnahmen im Büro jeweils im Hinterkopf behalten. So ist es in Großraumbüros beispielsweise nicht sinnvoll, den Störschalldruckpegel auf Werte von weniger als 30 dB(A) zu senken oder Nachhallzeiten von weniger als 0,4 s anzustreben. Eine Verbesserung der Raumakustik durch schallabsorbierende Materialien ist vielfach allein nicht ausreichend und sollte durch zusätzliche Maßnahmen, z.B. geeignete Abschirmungen, ergänzt werden. Die verschiedenen Möglichkeiten der akustisch günstigen Gestaltung von Büroarbeitsplätzen werden z.B. in meinem Artikel "Schallschutz im Büro" (Sicherheitsingenieur 04/2018) beschrieben. Eine ausführliche Beschreibung der Probleme der Akustik im Büro und geeigneter Schallschutzmaßnahmen enthält die im März 2021 als vollständig überarbeitete Fassung herausgegebene DGUV Information 215-443 "Akustik im Büro". Darin finden sich u.a. anschauliche Fotos von realisierten Maßnahmen und die Ergebnisse von Lärmminderungsprognose-Rechnungen für eine Reihe unterschiedlicher Büroräume.
Zur weitergehenden Information über die Lärmproblematik in Büros, die Auswirkungen auf die Beschäftigten, rechtliche Vorgaben und geeignete Schutzmaßnahmen sei auf meinen Buchbeitrag „Akustik“ im Taschenbuch „Gesunde Gestaltung von Büroarbeitsplätzen“ (Ecomed MEDIZIN 2015, S. 68-94) verwiesen.
Literatur
Beispiel: Besprechungsraum
In einem Betrieb hatten sich die Mitarbeiter wiederholt über die ungünstige raumakustische Situation in den Büroräumen und Besprechungsräumen beklagt. Alle Räume wiesen allseitig stark reflektierende Raumbegrenzungsflächen: Wände aus Beton, Rigips und Glas, Decken aus Beton, Teppichboden. Auch gab es keine Einrichtungsgegenstände, Papier oder Aktenordner, die zur Schallabsorption beitragen könnten.
Zur Beurteilung der Räume wurden jeweils die Nachhallzeiten ermittelt und mit den entsprechenden Vorgaben der Arbeitsstättenregel ASR A3.7 (Büros) bzw. der DIN 18041 (Sitzungsräume) verglichen. Damit bestätigten sich die auch subjektiv spürbaren ungünstigen raumakustischen Verhältnisse. Bei den Frequenzen von 500 Hz und 1000 Hz ergaben sich jeweils mittlere Schallabsorptionsgrade von nur 0,08 bis 0,12.
Bild 1 zeigt die für einen kleinen Besprechungsraum mit einem Volumen von 60 m² ermittelten Nachhallzeiten in Abhängigkeit von der Frequenz (schwarze Kurve) sowie den nach DIN 18041 vorgegebenen Toleranzbereich (rote Kurven). Hier zeigt sich, dass die gegebene Situation weit entfernt ist von den Vorgaben der DIN-Norm. Wie die eingetragene grüne Kurve zeigt, lässt sich die Akustik schon allein durch Einbringung einer schallabsorbierenden Fläche von 20 m² wesentlich verbessern. Nur bei tiefen Frequenzen ergeben sich mit etwas größeren Nachhallzeiten Überschreitungen des Toleranzbereichs. Das hat jedoch erfahrungsgemäß keinen großen Einfluss auf die Sprachverständlichkeit und das Wohlbefinden in dem Raum und kann so akzeptiert werden.
Bild 1: Nachallzeiten in einem Besprechungsraum in Abhängigkeit von der Frequenz
- Schwarz: gegebene Situation
- Rot: Vorgabe nach DIN 18041
- Grün: Prognose nach Einbringung von 20 m² Absorptionsmaterial